Forchbahn (de-CH)

Bauprojekte

Die Forchbahn macht einen unsichtbaren Schritt in die Zukunft

24.10.2019

Fahrt in ein neues Zeitalter: Seit Montag wird der Streckenabschnitt von Esslingen bis Hinteregg mit einem elektronischen Stellwerk betrieben. Was nach aussen kaum wahrzunehmen ist, ist hinter den Kulissen eine massive Neuerung.

Während den zwei Wochen dauernden Herbstschulferien ruhte der Bahnbetrieb zwischen Esslingen und der Forch respektive mussten die Passagiere auf Busse der VZO umsteigen. Hintergrund war ein gegen aussen kaum sichtbarer, aber markanter Eingriff ins Innenleben der Forchbahn. Für den rund 3,5 km langen Streckenabschnitt zwischen Esslingen und Hinteregg wurde ein neues Stellwerk – und damit verbunden auch ein Leitsystem – eingebaut. Für die Passagiere, die in den blauen VZO-Bussen der Bahnstrecke entlangfuhren, waren vor allem die Arbeiten an der Verkabelung neben dem Gleis sichtbar. Was gegen aussen indes kaum wahrnehmbar war, war in Tat und Wahrheit ein grosser Eingriff ins Innenleben und «ein Meilenstein für die Forchbahn», wie es Urs Stucki, Bereichsleiter Technik beschreibt.

Meilenstein bedeutet in diesem Fall: Die Forchbahn erhielt ihr erstes elektronisches Stellwerk – ein Simis IS des Herstellers Siemens. «Das entspricht dem heutigen Stand der Technik», erklärt Marco Stucki, der das 6-Millionen-Franken-Projekt bei der Forchbahn leitete. Verglichen mit einem Relaisstellwerk, wie es bisher in Betrieb war (und auf der Forch und in Zollikerberg noch in Betrieb ist), bringe ein elektronisches Stellwerk grosse Vorteile zugunsten der Effizienz und der Verfügbarkeit. «Der Fahrdienstleiter kann sich auf die Disposition und das Störungsmanagement konzentrieren, da die fahrplanbasierte Zuglenkung im Regelfall durch die Automatik übernommen wird», so Marco Stucki. Er lenkt den Zugsverkehr künftig nicht mehr mit physischen Tastern auf dem Stelltisch, sondern per Mausklick auf dem Bildschirm.

Mit dem neuen Stellwerk wurde auch ein Integrales Leit- und Informationssystem implementiert. Es handelt sich um Iltis, das von Siemens Schweiz entwickelt wurde und das auch die SBB verwendet. «Ein Leitsystem bietet ganz neue Möglichkeiten», erläutert Marco Stucki. «So ist der Fahrplan hinterlegt; ein verfrühtes Abfahren aus dem Bahnhof ist beispielsweise nicht mehr möglich.» Das Leitsystem ist gleichzeitig die Basis für das dynamische Fahrgastinformationssystem, das ab 2023 in Betrieb genommen wird, wenn auch die weiteren beiden Stellwerke auf elektronische umgestellt worden sind.

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Das Stellwerk Egg, das sich bisher im ersten Stock eines Hauses hinter dem Bahnhof Egg befunden hatte, hatte seine Lebensdauer zwar noch nicht erreicht. «Aber weil der Mietvertrag hier auslief und wir im Rahmen der Erneuerungen rund um den Bahnhofplatz einen neuen unterirdischen Raum bauten, lag es auf der Hand, nun mit diesem Stellwerk zu beginnen», erklärt Marco Stucki. So wurde Relais um Relais demontiert, während gleichzeitig im Keller das neue Stellwerk aufgebaut, installiert und getestet wurde. Noch ein Rechnerschrank mit alten Relais steht da. «Es ist die Schnittstelle zwischen neu und alt von Hinteregg bis zur Forch. Der Rechnerschrank kommt weg, wenn wir komplett umgestellt haben», sagt Marco Stucki.

Aufmerksame Augen und Bahnfans werden weitere Veränderungen bemerken: Die Weichen werden neu direkt vom Stellwerk gesteuert und nicht mehr über einen zusätzlichen Steuerungskasten im Freien: «Das Stellwerk kann die beiden Weichenantriebe synchron steuern, das war bisher nicht möglich.» Augenfällig sind auch die neuen LED-Signale. «Dies senkt die Betriebskosten drastisch», so Marco Stucki. Ausserdem kann die Helligkeit und Ausrichtung der LED-Leuchten ideal für den Lokführer eingestellt werden. An den Bahnhöfen erkennen geübte Zugfans noch eine weitere Neuerung: Die kleinen Unterbrechungen der Schienen, die es für die Detektierung eines Zuges auf einem Gleisabschnitt brauchte und die ein kleines spürbares Rumpeln verursachten, sind nun verschweisst. Die Detektierung erfolgt nun über Radsensoren, die an den Schienen angebracht sind und die Achsen eines Zuges zählen. Und im Bahnhof Esslingen wurden für Rangierfahrten sogenannte Zwergsignale installiert.

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Wie in einem Bienenhaus – oder eher Ameisenhaufen, da unterirdisch – ging es in den beiden Herbstferienwochen in den Räumlichkeiten zu und her, in dem nun das neue Stellwerk untergebracht ist. Dicke Kabelstränge laufen hier zusammen und in den verschiedenen Kästen leuchten Lämpchen und Leuchtdioden. «Das System ist mehrfach redundant und die Verfügbarkeit ist höher als zuvor», versichert Marco Stucki. Zwei von vier Rechnern könnten theoretisch ausfallen und das System läuft noch immer einwandfrei. Auch für einen allfälligen Stromausfall ist das neue Stellwerk bestens gewappnet. Die Batteriearmada garantiert den reibungslosen Betrieb für eine Stunde. Dank neuer Technologie ist die Batteriewartung ebenfalls deutlich weniger wartungsintensiv als im alten Stellwerk.

Sichtbare Veränderungen gab es in der Leitstelle im Bahnhof Forch, wo der Fahrdienstleiter den gesamten Verkehr zwischen Stadelhofen und Esslingen überwacht: Eine Wand mit zwölf Monitoren ergänzt den bisherigen Arbeitsplatz mit dem alt-bekannten Stelltisch. Zum Abschluss der intensiven zweiwöchigen Arbeiten, wurde der Abschnitt intensiv getestet und schliesslich am Montag früh für den regulären Bahnverkehr freigegeben.

Das grösste elektronische Stellwerk der Schweiz steht übrigens in Brig. Nach zwei Jahren Planungs- und Bauzeit wurde es am 25. Oktober 2015 in Betrieb genommen. Das Projekt umfasst unter anderem 200 Zwergsignale, 138 Haupt- und Vorsignale, 187 Weichen und fast 300 Gleisfreimeldeanlagen.

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